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Eingabe zum Planfeststellungsverfahren der Linie 6

Eingabe zum Planfeststellungsverfahren der Linie 6 zusammen mit dem Forum Augsburg Lebenswert aus dem Jahr 2005

Augsburg, den 23. 5. 2005

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens zum Bau der Straßenbahnlinie 6 nehmen das Forum Augsburg lebenswert e.V. und gleichlautend der Verkehrsclub Deutschland, Kreisverband Augsburg e.V. folgendermaßen Stellung.“

Das Vorhaben, den Raum Herrenbach/Hochzoll mit dem leistungsfähigen, bequemen und umweltfreundlichen Verkehrsmittel Straßenbahn zu erschließen, wird von uns begrüßt. Selbstverständlich müssen dabei folgende Grundsätze im Planungsprozeß, bzw. in der Planung selbst zum Tragen kommen:

Verbesserungen des Lebensumfeldes des Menschen
Beachtung städtebaulicher Regeln
Weitgehende Schonung der Natur
Erzielung eines möglichst hohen Fahrgastaufkommens
Verschiebung des Modal-Split zugunsten des ÖPNV
Das Vorausdenken und –planen weiterer Vorhaben
Sorgsamer Umgang mit Finanzmitteln
Die vorgelegte Planung lässt bezüglich der obigen Punkte Schwächen erkennen.

Die ausgearbeitete Alternative A1 ist von der Bedingung abhängig, dass die Kreuzung Zugspitzstraße-Blücherstraße-Kurt-Schumacher-Straße (teil-)höhenfrei ausgebaut wird, um den MIV aus/nach Friedberg und Kissing/Mering auf der Schleifenstraße um Hochzoll herum zu führen. Zu befürchten ist dabei, dass es wenige Umsteiger aus dem Umland auf die Linie 6 geben wird (P&R-Platz am RDG ist mit 86 Plätzen auch zu klein für ein solches Vorhaben), dass aber auch die Bedingungen für eine S-Bahn aus Friedberg und Kissing/Mering verschlechtert werden, da die Bedingungen für den MIV verbessert werden.

Die ausgearbeitete Alternative A1 bedient nicht die Siedlungsschwerpunkte. Zum Beispiel zeigt die Linie 36 sowohl stadteinwärts ab der Haltestelle Herrenbach Schule bis Königsplatz als auch stadtauswärts für denselben Bereich erhöhte Besetzungszahlen (siehe Seite 12 des Erläuterungsberichtes). Außerdem erhalten die großen Wohngebiete Hochzoll-Nord und -Süd im Gegensatz zum derzeitigen Zustand (direkte Buslinien in die Innenstadt) nur mehr Verbindungen, bei denen man umsteigen muß. Dies wird für die Nutzer des ÖPNV aufgrund nicht gleicher Takte der Straßenbahn und der Busse auf dem Weg von der Innenstadt nach Hochzoll zu Reisezeiterhöhungen führen (für die Straßenbahn im 5-Minuten-Takt und die Busse im 10 (15)-Minuten-Takt folgt eine durchschnittliche Wartezeit von ca. 3 (6) – Minuten). Eine Verminderung der Attraktivität des ÖPNV verglichen mit dem heutigen Zustand direkter Innenstadtverbindengen wäre die Folge.
Vorschlag zu beiden vorgenannten Punkten: Genauere Untersuchung der Trasse A4 oder einer Trassenvariante weiter nördlich mit Durchquerung des AKS-Geländes mit eigener Lechbrücke und Fortführung der Straßenbahn nach Hochzoll-Süd bis zum 12-Apostel-Platz. Eine höhere räumliche und zeitliche Erschließungswirkung des Raumes Herrenbach/Hochzoll wäre die Folge. Beim Bau der Trasse A1 könnte eine Fortführung der Linie 6 ab der Kreuzung Friedberger Straße/Hochzoller Straße/ Zugspitzstraße in Richtung Hochzoll Süd erwogen werden.

Die ausgearbeitete Alternative A1 endet an der Haltestelle „Rotes Tor“. Gegenüber einer Alternativtrasse durch die Maximilianstraße wird ohne Berechnung eine um 1,5 Minuten längere Fahrzeit angegeben. Dies erscheint unwahrscheinlich, da im Vergleich, beginnend an der Einmündung Prinzstraße, auf der Trasse ums Rote Tor herum vier Ampeln, auf der Trasse über den Milchberg/Maximilianstraße/Moritzplatz nur zwei bzw. drei Ampeln (Einfädelampel zusätzlich am Moritzplatz) zu durchfahren sind. Für eine Trasse durch die Maximilanstraße spricht außerdem, dass die Besetzungszahlen der beiden Buslinien 31 und 36 stadteinwärts in Richtung Maximilianstraße eine gute Auslastung zeigen (siehe S. 10/12 des Erläuterungsberichtes)

Vorschlag: Trasse der Linie 6 durch die Maximilianstraße

Für die ausgearbeitete Alternative A1 wird in der Umweltverträglichkeitsprüfung eine erhebliche Reduzierung der Luftschadstoffe wie Feinstaub und NOX angegeben durch Reduzierung des MIV in der Friedberger Straße.
Da der MIV auf Umgehungsstraßen (Blücherstraße mit (teil-)höhenfreiem Ausbau, AIC25 mit höhenfreien Anschlüssen von AIC 19, 23, 24 , Schleifenstraße, siehe Gutachten Prof. Kurzak S. 6) verlagert wird, wird sich an der Summe der Verkehrsbewegungen wenig ändern (Vergleich Nullfall und Planfall), also auch an der Menge der erzeugten Luftschadstoffe und des Klimagases CO2 im südöstlichen Stadtgebiet und Umfeld von Augsburg. Das Feinstaubaufkommen in der Friedberger Straße wird durch die Reduzierung des MIV auf etwas mehr als die Hälfte nur wenig beeinflusst, da ein erheblicher Teil dieses Aufkommens aus einer sog. Hintergrundbelastung resultiert. Basierend auf dem Entwurf des Luftreinhalteplanes für die Stadt Augsburg lässt sich aufgrund der derzeitigen Verkehrszahlen in der Friedberger Straße, die nicht weit von der Nullprognose 2015 entfernt sind, folgende Rechnung aufmachen: 12,3 Mikrogramm/Kubikmeter Ruß im Jahresmittel bedeuten umgerechnet auf Feinstaub PM10 ca. 62 Mikrogramm/Kubikmeter Jahresmittel, 14% davon gehen auf das Konto des lokalen Verkehrs, also Abgase und Aufwirbelungen. Diese würden durch Halbierung der MIV-Zahlen, Linearität vorausgesetzt, ebenfalls halbiert, das heißt das Feinstaubaufkommen erniedrigt sich auf ca. 93% des ursprünglichen Jahresmittelwertes (siehe dazu Anlagen dieser Einwendung aus dem Luftreinhalteplan).

Für die ausgearbeitete Alternative A1 ergibt sich keine merkliche Absenkung der Lärmbeurteilungspegel in der Friedberger Straße in Hochzoll.
Vergleicht man im „Erläuterungsbericht – Ergebnis schalltechnischer Berechnungen“, Anlage 3 (Planungsbüro Bauen und Umwelt) die Beurteilungspegel des „Nullfalles 2015“ mit dem „Prognosefall 2015 Überlagerung Straße/Schiene“ für die einzelnen Wohneinheiten der Friedberger Straße in Hochzoll (Punkt 080 bis Punkt 123), so ergibt sich tagsüber gemittelt über alle Wohneinheiten eine Pegelreduzierung von ca. 0,5 dB(A), nachts eine von ca. 0,6 dB(A). Allerdings gibt es auch Bereiche (Punkt 087 bis Punkt 092), in denen beim Bau der Straßenbahnlinie 6 auf der Trasse A1 Pegelerhöhungen bis zu 3,5 dB(A) auftreten. Grund für diese ungenügende Absenkung der Lärmwerte ist die Mittellage der Straßenbahn, die vor allem im Bereich von Haltestellen die Fahrstreifen für den MIV näher an die Häuser heranrückt (siehe Blatt 21 des Lärmgutachtens). Eine merkliche Erhöhung der Aufenthaltsqualität in der Friedberger Straße in Hochzoll ist durch diese im Mittel relativ geringe Absenkung des Lärmpegels sowohl in den Wohnungen als auch im Freien nicht verbunden. Durch kostenintensiven passiven Lärmschutz in ca. einem Drittel der Wohneinheiten der Friedberger Straße (64 von 191 Wohneinheiten) wird dieses Problem zumindest für die Wohnungen gemildert. Erstaunlich auch, dass die Emissionspegel für die Friedberger Straße innerhalb Hochzolls im Nullfall 2015 als auch im Prognosefall 2015 für eine zulässige Geschwindigkeit von 60 km/h berechnet werden, wohingegen heute ein Geschwindigkeitslimit von 50 km/h besteht. Eine Erhöhung der Geschwindigkeit um 10 km/h trägt sicher nicht zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität bei. Auch die Sicherheit der Benutzer des Fahrradstreifens wird dadurch eingeschränkt.

Die Kosten der Linie 6 auf der Trasse A1 sind im Erläuterungsbericht – ohne dass dies weiter aufgeschlüsselt wird – mit ca. 34,5 Millionen Euro angegeben. Einbezogen sind vermutlich nicht Kosten, die bei Umbau- und Ergänzungsmaßnahmen am Theodor-Heuss-Platz (Verlegung weiterer Schienenstränge, um gleichzeitiges Abbiegen zweier Straßenbahnzüge zu gewährleisten) und am Königsplatz (Umbau des südlichen Teils mit massiven Eingriff in die Grünanlage, geschätzte Kosten ca. 13 Millionen Euro), anfallen würden, da der Abschnitt Rotes Tor – Königsplatz drei Straßenbahnlinien (3,4 und 6) im 5-Minuten-Takt verkraften müsste. Da die Kostenaufschlüsselung fehlt, ist auch nicht erkennbar, welche Kosten beispielsweise für die Umgestaltung des Straßenstückes von der Einmündung Heuweg in die Friedberger Straße bis zur Hochzoller Lechbrücke anfallen. In der Kostenrechnung sind auch die Kosten für den als Voraussetzung für die Linie 6 in der Friedbergerstraße gemachten Umbau der Kreuzung Blücherstraße/Zugspitzstraße/Kurt-Schumacher-Straße von geschätzten 10 Millionen Euro nicht enthalten, die zudem möglicherweise von den Stadtwerken zu Lasten der ÖPNV-Benutzer und der Kunden des Versorgungsbereiches der Stadtwerke für die Stadt Augsburg vorfinanziert werden sollen.

Vorschlag: Eine Führung der Linie 6 durch die Maximilianstraße würde keinerlei Ergänzungsmaßnahmen am Theodor-Heuss-Platz erfordern, die Umbaumaßnahmen am Königsplatz wären auf den nordwestlichen Teil beschränkt und vermutlich sehr reduziert (Ergänzung eines Gleises) und hätten keine wesentlichen Eingriffe ins Grün zur Folge. Eine Führung der Linie 6 auf der Alternativtrasse A4 hätte den Umbau der Kreuzung in Lechhausen nicht zur Voraussetzung. Eine Führung Linie 6 auf der Trasse A1 sollte dahingehend überdacht werden, ob die Straßenbahn nicht unter Beibehaltung der jetzigen großen Bäume längs der Friedberger Straße und der Bäume längs des Laubenweges vom Heuweg bis zur Lechbrücke in der Grünanlage geführt werden könnte. Vorteile wären, dass die „leisere“ Straßenbahn und nicht wie in der Planung die Straße an die Häuser heranrückt, dass Großbäume erhalten werden können (in der Grünanlage steht fast nur Kleingehölz) und dass die Straße nicht umgebaut werden muß, was Kosten spart.

Der Bau der Variante A1 verbessert die städtebauliche Situation in der Friedbergerstraße in Hochzoll nicht (siehe dazu „UVS zur Straßenbahnlinie 6“ , S. 103). Gründe dafür liegen in einer nicht „adäquaten Durchgrünung“ und dem Fehlen „durchgehender Straßenbaumreihen“ (UVS, S. 26) und dem „Platzmangel“ (UVS, S. 67), diese zu schaffen.
Vorschlag: Wenn schon die Trassenführung in der Friedbergerstraße gewählt wird, dann muß einerseits überprüft werden, ob überall eine eigene Trasse notwendig ist (ein ampelgesteuerter Vorlauf der Straßenbahn in Teilabschnitten könnte Ähnliches wie eine eigene Trasse leisten) und ob sich die Anzahl der Stellplätze reduzieren lässt. Es könnten dann durchgehende Baumreihen (Verbesserung der Luftqualität!) gepflanzt und die Fußgängerbereiche (Aufenthaltsqualität!) erweitert werden.

In den Planentwurf der Variante A1 sind die folgenden Nachfolgeprojekte nicht einbezogen:
Führung der Linie 1 vom Ostfriedhof zum Hochzoller Bahnhof. Der Knoten Friedberger Straße- Zugspitzstraße- Hochzoller Straße sollte jetzt schon für diesen Fall geplant werden, so dass ein späterer Umbau nicht notwendig wird.
Führung der Linie 3 oder 4 ums Rote Tor herum über Remboldstraße/Milchberg in die Maximilianstraße, deren Sinnhaftigkeit noch eines Nachweises bedarf. Hier sollte jetzt schon der Nachweis geführt werden, ob der Abschnitt Rotes Tor – Einmündung Prinzstraße in die Remboldstraße leistungsfähig genug ist, um zwei Straßenbahnlinien im 5-Minuten-Takt aufzunehmen.
Sollte die Linie 6 in der Variante A1 gebaut werden, so muß die Lage der Haltestellen überdacht werden. Z.B. ist die Haltestelle „Spickelstraße“ dort situiert, wo heute schon die wenig frequentierte Haltestelle der Buslinie 31 liegt. Z.B. müsste die Haltestelle „Textilmuseum“ weiter nach Osten zur Amberger Straße oder Einmündung Schäfflerbachstraße verlegt werden. Das hoffentlich stark frequentierte Textilmuseum und ein dort entstehendes Gewerbe- und Wohngebiet könnte mit dieser Haltestelle trotzdem befriedigend bedient werden. Z.B. müsste die Haltestelle „Hochzoll Brücke“ mehr von der Hochzoller Lechbrücke nach Osten in den Stadtteil hinein verlagert werden, um die Fußwege für die ÖPNV-Nutzer zu minimieren.

Fazit: Das Forum Augsburg lebenswert und der Verkehrsclub Deutschland, Kreisverband Augsburg plädieren dafür,

weitere Trassenvarianten in die Überlegungen einzubeziehen,
auf einen höhenfreien Ausbau der Kreuzung Blücherstraße/Zugspitzstraße/Kurt-Schumacher-Straße zu verzichten
Hochzoll Süd jetzt schon an die Straßenbahn anzuschließen,
die Linie 6 über die Maximilianstraße zum Königsplatz zu führen und
alle Kosten für den von den Stadtwerken favorisierten Trassenvorschlag A1 offen zu legen.

Mit freundlichen Grüßen

Franz Gabler
Vorsitzender